Kunsthalle: Bundesbienen schwärmen aus | Kölner Stadt-Anzeiger
„Vor meinen Mädels brauchen Sie keine Angst zu haben“, sagt Klaus Maresch (41) zu den Besuchern auf dem Dach der Bundeskunsthalle.
Bonn – „Vor meinen Mädels brauchen Sie keine Angst zu haben“, sagt Klaus Maresch (41) zu den Besuchern auf dem Dach der Bundeskunsthalle. In der Tat: Friedlich und fast geräuschlos umschwirren die „Mädels“ ihre Gäste. Ihr zurückhaltendes Wesen kommt nicht von ungefähr. Schließlich stammen die Bienen aus England, genauer gesagt aus der Benediktinerabtei Buckfast in Devon.
Dort hat der aus Deutschland stammende Bruder Adam einst ihre Vorfahren beherbergt. Wie Klaus Maresch war Bruder Adam Imker, er kreuzte 1916 die italienische mit der einheimischen dunklen Biene zur „Buckfastbiene“. Die neue Zuchtrasse entpuppte sich nicht nur als sanftmütig, sie gilt auch als besonders fleißig und widerstandsfähig. Ein Grund vielleicht, derzeit 30 000 bis 40 000 davon als „Bundesbienen“ in zwölf Stöcken im ehemaligen Bonner Regierungsviertel anzusiedeln. Die weitaus meisten der Tiere sind weiblich – die kurzlebigen männlichen Drohnen haben nicht Mal einen Stachel. Sie werden nur zur Befruchtung gebraucht.
„Nein, sie sind nicht schwarz-gelb“, sagt Maresch. Energisch widerspricht er der im Comic üblichen Darstellung seiner Lieblinge. Auch Biene Maja sei natürlich eher grau- oder orange-braun gefärbt. Der Bundesbienenvater rückt nicht nur die eigenen friedlich freundlichen Nektarsammler ins richtige Bild, er kümmert sich auch um deren freilebende Artgenossen. Immer wieder wird er von besorgten Hausbewohnern alarmiert, die einen wilden Bienenstock in ihrem Garten entdeckt haben. „In Bezug auf Insekten reagieren die Menschen in Deutschland geradezu hysterisch“, urteilt Maresch. Dabei seien die einheimischen Arten vergleichsweise ungefährlich.
Europäische Bienen sind so friedlich, dass der Imker eingefangene Stämme schon mal ohne jede besondere Vorkehrung im Wagen mitgenommen hat. „Da hat dann an einer Ampel ein anderer Autofahrer ganz entsetzt an mein Fenster geklopft. Er wollte mich vor den gefährlichen Tieren warnen.“ Der Mann hat sich dann wohl sehr gewundert, als Maresch unbeeindruckt weiterfuhr. Baff war auch der Steward einer Fluglinie, als der Imker ihn um ein wenig Wasser für die Bienenköniginnen bat, die er in einer Schachtel in eine neue Heimat überführte. „Lassen sie die aber bitte nicht raus“, flehte der Flugbegleiter, bevor er die Bitte erfüllte. Dabei finden sich für Bienenvölker überall auf der Welt attraktive Siedlungsplätze: Zum Beispiel auf dem Dach der Pariser Oper, in der Residenz des französischen Staatspräsidenten, im Vatikan, im Weißen Haus oder auf den Hochhausdächern in New Yorker Stadtteil Manhattan. Maresch berichtet, dass er auch auf dem Verteidigungsministerium einen Bienenstand betreibt. „Da kam man mir sehr entgegen.“
Auch an der Bundeskunsthalle zeigte man sich den Insekten gegenüber offen. Gemeinsam mit Stephan Andreae, einem der Kuratoren des Künstlerprojektes „Ornithoport – Flughafen für Vögel“ arbeitete Maresch den Plan aus: „Bienen und Vögel sind abhängig von einer intakten Umwelt. Mit ihrer Bestäubungsarbeit sorgen Bienen auch für das Nahrungsangebot für Vögel. Die im Max-Liebermann-Garten auf dem Kunsthallen-Dach zu sehenden Nutzpflanzen brauchen die Bestäubung durch Bienen und so ergaben sich Verbindungen der Projekte Max-Liebermann-Garten, Ornithoport und Blumenwiese.“ Im Frühsommer und Sommer blühen auf dem Dach Wilde Möhre, Kornrade, Korn- und Flockenblume, Süßklee, Mohnblume, Wermut und viele andere Blütenpflanzen. Sie bieten den Bienen ein gutes Nektarangebot. Beim ersten Schleudern der Honigwaben im Mai kamen rund 250 Kilogramm zusammen, die jetzt verkauft werden (siehe „Blick in die Honigwabe“).
Aber schließlich gelten die pelzigen Insekten auch als Symbol eines sparsam wirtschaftenden Gemeinwesens. Das wird seit langer Zeit geschätzt: Schon im Jahr 800 ordnete Kaiser Karl der Große an, dass auf seinen Gütern Bienen zu halten seien.
Quelle: Kunsthalle: Bundesbienen schwärmen aus | Kölner Stadt-Anzeiger